Audit

Generelle Überlegungen zu wissenschaftlichen Auditverfahren


Auditverfahren haben verschiedene Grundregeln zu beachten:

Eine medizinische Abklärung oder Therapie ist zweckmässig (Klasse I Indikation), kann zweckmässig sein (Klasse II Indikation) oder ist nicht zweckmässig (Klasse III Indikation). Ein Auditverfahren erfasst idealerweise nicht, ob die Kosten zu hoch waren, sondern ob Kosten durch Klasse III Indikationen erfolgten. Unwirtschaftlichkeit ist definiert über die Kosten wegen Klasse III Indikationen. Hierfür sind keine Vergleichsgruppen notwendig.

Ein weiterer Punkt betrifft die Auswahl der Krankengeschichten, diese kann zufällig für verschiedene Tage und Jahre durchgeführt werden (Tageszensus Methode) oder es kann sich um eine vollständige Sichtung der Krankengeschichten handeln. Ohne eine valide Stichprobe – valide bedeutet hier, dass nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird – ist es unmöglich auf ein systematisches Problem zu schliessen. Keinesfalls ist es zulässig, einfach mal ein paar Krankengeschichten anzuschauen und daraus irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ein weiteres Problem betrifft die 11-15 Jahre seit der Behandlung der Patientinnen und Patienten, es ist im Nachhinein äusserst schwierig, rechtlich relevante Tatbestände zu eruieren.

Ferner stellt sich die Frage bei welchen Problemen welche Angemessenheits-Kriterien verwendet werden. Dies betrifft das ganze Spektrum der Medizin in Ihrem Fall und ist durch eine einzelne Person kaum glaubhaft abzudecken.

Aus diesem Grund muss zwingend, wie in Audit Verfahren üblich, eine durch einen zweiten Arzt oder Ärztin eine zweite Stichprobe zu erstellen. Zur definitiven Klärung bei Anschuldigungen im Divergenzfall ist ein dritter Auditor beizuziehen.

Generelle Überlegungen zu Auditverfahren bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen

Wir legen hier als Lehrbeispiel einen konkreten Fall offen. In einem Verfahren betreffend erhöhte Kosten hatte das Bundesgericht festgestellt, dass eine falsche Vergleichsgruppe gewählt worden war. In der Folge war es santésuisse nicht möglich, eine akzeptable Vergleichsgruppe zu erzeugen. In der Folge wurde Frau Dr. med. Brigitte Zirbs angefragt, ob sie eine Expertise machen könne. Ihr Vorschlag hier:

Im Gegensatz zur Prüfung der Zweckmässigkeit in «random sample audits» geht es bei der Prüfung in diesem Fall um eine andere Fragestellung, nämlich um die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und nicht um die Prüfung der Zweckmässigkeit oder der Wirksamkeit. Frau Zirbs vermengt hier diese Aspekte und outet sich somit als Nicht-Expertin in WZW Fragen.

Gemäss Art. 56 KVG hat der Versicherer die «Wirtschaftlichkeit der Leistungen» darin festzustellen, dass der Leistungserbringer die Leistungen gemäss Art. 56 KVG Absatz 1 «auf das Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist». Gemäss Art. 56 KVG Absatz 6 legen die Leistungserbringer und die Versicherer gemeinsam eine Methode zur Kontrolle der Wirtschaftlichkeit fest. Demnach ist die Zweckmässigkeit Voraussetzung für Wirtschaftlichkeit. Daraus folgt auch, dass überhöhte Kosten ohne Zweckmässigkeitsprüfung nicht per se unwirtschaftlich sind und damit auch keinen Beweis für Unwirtschaftlichkeit gestatten.

Gemäss Auffassung der Prüferin Zirbs vom 06.05.2019 möchte sie die Praxis dahingehend überprüfen, ob die «Regeln der Wirtschaftlichkeit» verletzt wurden. Für diese Analyse veranschlagt die Prüferin Zirbs Kosten von rund 142’000 Fr (zwischen 82’800 – 205’200 Fr.) oder zwischen 2’070 und 5’130 Fr. pro Patienten.

Folgende Punkte sind nicht nachvollziehbar:

  1. Die Auswahlkriterien für 40 Dossiers werden nicht begründet
  2. Es wird Zweckmässigkeit mit Wirtschaftlichkeit vermengt, was nicht zulässig ist.
  3. Es werden Daten zur Analyse eingefordert, für welche die Prüferin keine Expertin ist, namentlich
    a. EKG (FMH Kardiologie)
    b. Röntgenbilder (FMH Radiologie)
    c. Krebserkrankungen (FMH Onkologie)
    d. Operationen (FMH Chirurgie)
    e. Psychotherapie (FMH Psychiatrie)
  4. Falls die Zeit für die Prüfung nicht ausreichen würde, würde die Prüfung unterbrochen.
  5. Die Kosten der Prüferin sind nicht nur pro Stunde für eine selbst ernannte Expertin mit einem Wucherpreis vereinbar, die Vielzahl der benötigten Stunden pro Dossier zeigt die fachliche Unsicherheit der Prüferin, welche deswegen die Beurteilungsstunden unnötig aufbläht und Kosten für ein Gutachten addieren, welche jede Schamgrenze übersteigen, wo richtige Experten in 10 Minuten sehen, ob hohe Kosten wegen einer bestimmten Grunderkrankung a priori sofort einleuchten.

Anforderungen an einen sachgerechten Audit im Rahmen der WZW Verfahren

Ein nicht-sachgerechtes Audit-Verfahren kann zu Rationierungszwecken missbraucht werden. Gerade im heutigen Umfeld der “smarter medicine”, einer autoritären Bewegung innerhalb der Medizin, werden ökonomische über WZW-Kriterien gestellt. Auch Qualitätszirkel ecc. werden für die entsprechenden Indoktrinierung verwendet.

In diesem grösseren Umfeld ist deshalb zu erwarten, dass Audits im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsverfahren für Rationierungszwecke missbraucht werden. Hier könnte man auch auf schmerzhafte Art und Weise für der Ärzteschaft ein Disziplinierungsinstrument entwerfen, welches die Vermeidung von Kosten anmahnt.

Das Problem ist hier der Grauzonenbereich eines Indikationenentscheids. Wenn die Audit Methode diesen Grauzonenbereich eng stellt, werden viele medizinische Tätigkeiten als nicht WZW konform etikettiert, was sicher zu ausgedehnten juristischen Folgen (und Kosten) führen wird.

Entsprechend müssen sachgerechte Audits grobe Verstösse gegen medizinische Richtlinien anhand von Stichproben erfassen (Klasse C Indikationen), die Listen der “smarter medicine” sind von vorneherein als juristisches Mittel auszuschliessen und die Kosten für Klasse C Indikationen dürfen nicht auf die ganze Praxistätigkeit hochgerechnet werden.

Auf Praxisebene ist das Sparpotential durch Generika irrelevant und beträgt rund 2% der gesamten Versorgungskosten (eigene Schätzungen)

Veranlasste Kosten sind immer wirtschaftlich, da kein Bereicherungsverdacht bestehen kann Definitionsgemäss sind veranlasste Kosten nicht unwirtschaftlich (der Arzt verdient dabei ja nichts, ein Bereicherungsverdacht)

Praxiskosten (Labor, andere technische Untersuchungen, Besprechungen, Klink Tests): Die Kosten pro Test sind tarifarisch festgelegt.
Unwirtschaftlichkeit ergibt sich somit ausschliesslich aus unzweckmässigen Untersuchungen. Unzweckmässige Untersuchungen lassen sich nicht an der Zahl der Untersuchungen feststellen, sondern durch Audits.

Formel Unwirtschaftlichkeit K Kosten
Z Behandlungszweck
I Indikationsklasse
U Unwirtschaftlichkeit
U=K*U(III)

Unwirtschaftlichkeit ist definiert durch die Kosten als Folge von Klasse III Indikationen. Feststellung von Unwirtschaftlichkeit kann nur über Audits erfolgen.

Sind Vergleichsgruppen ein Proxy für die Formel Unwirtschaftlichkeit? Nein. Denn Unwirtschaftlichkeit kann jeder betreiben, ohne dass daraus hohe Kosten entstehen.

Schlussfolgerung: Wirtschaftlichkeit ist verletzt, wenn Klasse III Indikationen durchgeführt werden. Diese können nur durch Audits festgestellt werden. Grundlage sind Fachempfehlungen.